
Naturpark Zillertaler Alpen – 26. bis 29. Mai 2022 – „Wald“
Der Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen macht seinem Namen alle Ehre. Er erstreckt sich vom Bergsteigerdorf Ginzling bis auf über 3.500 m Höhe und umfasst eine Fläche von 422 km2.
Der Zemmgrund bietet mit seinen Wasserfällen eine beeindruckende Kulisse für unsere vier Tage im Zillertal. Der silikatische Alpenhauptkamm steht in krassem Gegensatz zu den Kalkbergen, die wir im Lechtal hatten. Unterkunft und Basislager ist das Alpengasthaus Breitlahner. Willi führt uns durch das Naturparkhaus in Ginzling und erzählt uns von der Geschichte des Alpinismus und der Kulturlandschaft im Zillertal. Und natürlich von der Natur. Zum Anschauen gibt es die unter anderem Zillertaler Granate und ein Buchenblatt, das von einer Kalkkruste überzogen ist.
Der Naturpädagogik ist der erste Tag gewidmet. Es geht dabei darum, die Natur mit allen Sinnen wahrzunehmen. Natur-Memory, Landart und Tarnpfad sind geeignete Methoden, mit denen Johannes unseren Fokus auf das unmittelbare Naturerlebnis richtet.
Die Klausenalm bietet regionale Küche für unser Mittagessen. Sie ist an einen Felsblock gebaut, der von einem nacheiszeitlichem Bergsturz stammt. Dieser ist auch für die mystischen Blockwälder verantwortlich, die den Eingang zum Zemmgrund dominieren. Die Erkenntnis von Nachmittag: Lernen darf auch Spaß machen. Die wichtigsten heimischen Tagfalter können jetzt benannt werden.
Erlebnispädagogik stellt die Gruppe ins Zentrum der Aktivitäten. Christian lässt uns erleben, wie konstruktiv gut eingespielte Gruppen sein können. Mit verbundenen Augen durch den Wald zu gehen oder gemeinsam ein „Spinnennetz“ zu durchqueren gelingt nur, wenn Vertrauen herrscht. Die Natur ist nicht nur Kulisse, sie wird aktiv eingebaut. Die Vogel-Nestwurz kann im dunklen Wald nur deshalb wachsen, weil sie von einem Pilzpartner unterstützt wird.
Am Nachmittag begegnen wir demselben Wald mit völlig anderen Augen – aus Sicht der Forstfachfrau Anna-Rita. Der artenreiche Laubmischwald im Naturdenkmal „Glocke“ bei Finkenberg beherbergt eine Vielzahl an Gehölzen. Eine umgefallene Fichte scheint darauf hinzuweisen, dass manche Arten mit dem Klimawandel Probleme bekommen werden. Die Zapfen der Tannen stehen aufrecht. Die der Fichten auch – allerdings nur, bis sie bestäubt sind. Dann folgen sie der Schwerkraft und drehen sich nach unten. Für kurze Zeit stehen sie waagrecht.
Unser inzwischen geschulter Blick entdeckt an den Bäumen und auch auf dem Waldboden viel Bemerkenswertes: Ahorn-Gallmilben bilden kleine, rote Türmchen auf den Blättern des Berg-Ahorns. Die „Wohnungen“ des Nachwuchses der Buchen-Gallmücken sind zitronenförmig und recht groß. Auf einer Blüte des Langblättrigen Waldvögeleins wartet eine Grüne Krabbenspinne auf ein Opfer. Die Abschlusspräsentation aller gefundenen Gehölze kann sich sehen lassen – aufgewertet durch die Baumsamen-Sammlung von Anna-Rita.
Der dritte Tag ist den Pilzen und Flechten gewidmet. Pilzexperte Eberhard hat einprägsame Geschichten parat – zu den wenigen essbaren und hochgiftigen ebenso wie zu den unscheinbaren mikroskopisch kleinen Arten. Selbst im Mai gibt es Fruchtkörper von Pilzen zu finden – die Mycelien sind ohnehin immer da. Als Symbiose-Partner sind Pilze unverzichtbar – und Eberhard ist es für die Vermittlung von Pilzen.
Am vierten Tag verlassen wir Ginzling nach dem Frühstück, um uns in Strass mit Christian zu treffen. Er ist einer der wenigen Moos-Kenner und -Vermittler und seit kurzem sogar zertifizierter Naturführer 😉 Das nasse Wetter lässt die Moose zu Höchstform auflaufen. Sie zeigen, wie viel Wasser sie speichern können. Haarmützenmoos und Etagenmoos sind leicht zu erkennende und häufige Waldmoose. Das Kegelkopfmoos ist eines der wenigen Lebermoose, die wir finden. Auf Maria Brettfall bestimmen wir bei Kaffee und Kuchen im Trockenen weiter.
Der Tiergarten bei Wiesing ist eine Erhebung mitten im Inntal. Ferdinand II ließ dort 1572 ein Tiergehege bauen. Die Mauern sind heute noch zu sehen. Der artenreiche Wald ist das ideale Gelände, um mit Manfred die Pflanzengesellschaften zu erkunden. Georges darf bei einer Fichte das Alter mittels Bohrkern bestimmen. Die Artengarnitur kann sich sehen lassen – ebenso wie das Paarungsverhalten der Schwarzen Schnegel.