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Das Leuchten der Quarze

In zwei jeweils zweistündigen Laborprojekten nahmen sich insgesamt zwölf SchülerInnen dem Mysterium uralten, gefangenen Lichts in abgelagerten Quarzkörnern an. Dabei bekamen sie nicht nur Zugang zu einer eigenartigen (Labor-)Welt roten Lichts, sondern lernten auch wie sich aus scheinbar ‚gewöhnlichem‘ Flusssand aus dem Inn reinste Quarzkörner gewinnen lassen. Mit diesen konnten sie letztendlich sogar das Alter dieser Sedimente bestimmen – über hunderttausende Jahre zurück.

 

Der Quartärgeologe Michael Meyer gab den SchülerInnen anhand eines Modells zunächst einen plastischen Eindruck in die sonst meist verborgene Welt der Sedimente und ihre Schichtabfolgen. Die SchülerInnen konnten so nachvollziehen wie sich solche durch Wind, Wasser und Eis transportierte Schichten unzähliger Einzelkörner übereinander lagern und damit eine zeitliche Abfolge bilden. Ist man in der Lage das Alter dieser Sedimente zu bestimmen, so erhält man auch das Alter aller in diesen Schichten eingeschlossenen Dinge – zum Beispiel von Fossilien oder urzeitlichen Artefakten und Werkzeugen.

Danach ging es auf ins Labor, das vollständig in Rotlicht getaucht war. Diese Notwendigkeit zum Erhalt des wertvollen eingeschlossenen Lichts stellten nicht nur den Fotografen vor so manche Herausforderung (Blitzlicht verboten!). Auch die SchülerInnen und Lehrer mussten sich wohl erst einmal an diese neuartige Welt gewöhnen. Dafür wurden sie aber von Michael Meyer und seinen Labor-KollegInnen mit Rotlicht-Stirnlampen und Labormänteln ausgestattet und in den folgenden Arbeitsschritten professionel unterstützt.

Zunächst mussten die noch unbearbeiteten, feuchten Sedimentproben gesiebt werden, um nurmehr Körnchen von ähnlicher Größe zu erhalten. Wobei hier von „Größe“ nicht wirklich die Rede sein kann. Die letztendlich erhaltenen Körnchen betrugen nurmehr Größen zwischen 90 und 125 Mikrometer und waren mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Dies erfolgte durch „Feucht-Sieben“, also sorgfältiges Hindurchschwämmen des Materials durch eine Abfolge verschieden-feiner Siebe, oder aber durch Trocknen und „Trocken-Sieben“ in der Rüttelmaschine.

 

Die so von den SchülerInnen vorsortierten Proben wurden daraufhin ins Säurelabor gebracht. Hier entfernten sie vorsichtig Kalk und andere karbonatische Gesteine mit Salzsäure (HCL 10%). Alle organischen Bestandteile – also beispielsweise Humus aus abgestorbenen Pflanzenresten – mit Wasserstoffperoxid (H2O2). Üblicherweise muss hier ziemlich lange gewartet werden, bis die Reaktion – erkennbar an dem durchaus spektakulären Aufschäumen der Probe – vollständig abgeschlossen ist. Da die SchülerInnen jedoch leider nicht im Labor übernachten durften wurde dieser Schritt abgekürzt und die Reaktion nach einiger Zeit mit Leitungswasser gestoppt. Die Lösung wurde nun behutsam in einen Spezialabfluss abgegossen.

Am Ende all dieser Schritte bleibt aus der ursprünglichen Probe (ca. so groß wie eine 0.5 Liter-Flasche) ein nicht mal Messerspitzen-großes Häufchen reinster Quarzkörner. Diese konnten nun von den Schülerinnen auf Silikon-beschichtete Plättchen geklebt und unter einem Mikroskop bestaunt werden: „ein neuer Planet“, wie es eine Schülerin fantasiereich aber nicht unpassend ausdrückte.

Im letzten Schritt wurden die Quarzkapseln in ein sogenanntes „Karussel“ gelegt und in ein hochmodernes Messgerät eingelegt: ein sogenanntes Fluoreszenz-Auslesegerät. Dieses ist in der Lage die unvorstellbar kleinen Licht-Signale (Photonen), die über die Jahrtausende in den Quarzkörnern gefangen wurden, anzuregen (zu „kitzeln“), somit aus den Mineralkörnern herauszulocken, und daraufhin auszuzählen. Circa hunderttausend Photonen wurden bei der Probe der ersten Gruppe gezählt, deutlich mehr sogar bei jenen der zweiten. Dies bedeutet auch – wie die SchülerInnen lernten – dass letztere Probe deutlich älter sein müsse, da diese länger Zeit hatte die Lichtsignale (über die natürliche Radioaktivität) seit ihrer Ablagerung zu speichern.

Eine verrückte, faszinierende Welt des Lichts und der Quarze. Alles in einer Handvoll Sand aus dem Inn.

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