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Wasserkraft In Tirol

Geht da noch was?! – Wasserkraft in Tirol

Mit Mag. Michael Reischer von der Tiroler Umweltanwaltschaft stellen wir uns in dieser Ohrwurm-Sendung die Fragen: Ist der „erneuerbare“ Energieträger Wasserkraft immer auch gleich „ökologisch“? Und: Wie könnte eine sozial- und naturverträgliche Energiewende in Tirol aussehen? Darauf sind keine einfachen und eindeutigen Antworten zu finden. Die Sendung gibt jedoch einen differenzierten Einblick in die Arbeit der Tiroler Umweltanwaltschaft und das Spannungsfeld zwischen Energiewende, öffentlichem- und betriebswirtschaftlichen Interesse und Naturschutz.

Denn in Zeiten der fossilen Energiekrise und explodierender Energiepreise ist der dringend notwendige Ausbau erneuerbarer Energieträger in aller Munde. In Tirol wird insbesondere über den weiteren Ausbau der Wasserkraft geredet. Besonders in der Diskussion steht hier die Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal, bei dem das landschaftlich und ökologisch einmalige Platzertal durch einen Speichersee geflutet werden soll. Unser Gast der Sendung Mag. Michael Reischer ist bei der Tiroler Umweltanwaltschaft unter anderem für die ökologische Beurteilung dieses Projekts zuständig.


Bereits vor dem Ukrainekrieg und der aktuellen Energiekrise hat sich die europäische Union ambitionierte Ziele für die europäische Energiewende gesetzt: Bis 2030 soll der Stromverbrauch zur Gänze aus erneuerbaren Energien gedeckt werden, bis 2050 der Gesamtenergieverbrauch der EU durch erneuerbare Energieträger. Auch das Land Tirol hat sich bereits 2014 mit der Strategie „Tirol 2050“ vergleichbare Ziele gesteckt.

Für den Tiroler Landesenergieversorger, die TIWAG, aber auch für die beiden voraussichtlichen künftigen Koalitionsparteien in der Landesregierung, ÖVP und SPÖ, scheint klar, dass dies nur durch einen deutlichen Ausbau der Wasserkraft gelingen kann. Die Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal ist laut dem scheidenden LHStv. Josef Geisler dabei der „wichtigste Baustein der geplanten Tiroler Energiewende“.

Nicht wenige Hörer_innen dürfte es jedoch überraschen, dass Tirol bereits seit 2008 bilanziell mehr Strom aus erneuerbaren Energien produziert, als es selbst verbraucht. Eigentlich – so Mag. Michael Reischer von der Tiroler Umweltanwaltschaft – hätte Tirol damit das für 2030 gesteckte Ziel der autonomen Versorgung mit erneuerbar produziertem Strom bereits erreicht. Wie also sind weitere Kraftwerks-Großprojekte wie die umstrittene Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal in vorgebrachtem „öffentlichen Interesse“ zu argumentieren?

Durch das Projekt würden 80% des Wassers der Gurgler und Venter Ache in Speicherseen im Kaunertal und Platzertal abgeleitet und die beliebte Kajak-Wildwasserstrecke der Ötztaler Ache zur Restwasserstrecke degradiert. Durch den Speichersee Platzertal würden über 6 ha Moorfläche und eine einmalige Hochgebirgslandschaft unwiederbringlich zerstört. In bestimmten Abschnitten des Inns im Tiroler Oberland würde der Fluss durch den zusätzlichen Schwall-Sunk der erweiterten Kraftwerksgruppe über seine ökologische Belastungsgrenze gebracht.

Sendungshinweise:

TIWAG: Kraftwerkserweiterung Kaunertal

Tiroler Landesumweltanwaltschaft: Stromverbrauch und -erzeugung in Tirol

Tiroler Umweltanwaltschaft: Stellungnahme zur Kraftwerkserweiterung Kaunertal (2019)

Wildwasser erhalten Tirol (WET): Videoreihe: „Der letzte Tropfen – Tiroler Stimmen für eine echte Energiewende“

 

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